Der Frühling ist endlich da! Es ist wieder die Zeit, Pläne für den Sommer zu machen: Vielleicht doch mal einen Flug ins Ausland machen? Nach Kroatien oder an die traumhafte Cote d’Azur nach Cannes-Mandelieu? Dann wäre es wichtig, sich wieder mit den Wetterlagen vertraut zu machen, die die Bora bringen oder den Mistral.
Falls es Sie in die Schweiz oder nach Österreich in die Alpen zieht, gibt es ebenfalls viele meteorologisch relevante Dinge zu beachten, damit man keine bösen Überraschungen erlebt. Neben den wirklich beeindruckenden Gewittern, die sich in den Alpen bilden können, oder Föhnlagen mit ihren starken Rotorenturbulenzen, gibt es auch lauernde Gefahren bei schönstem Wetter und blauem Himmel.
Also gerade bei dem Wetter, bei dem man es gar nicht erwartet. Deswegen möchte ich den Fokus auf 2 Themen lenken: Die Dichtehöhe und lokale Winde in den Alpen.
Ich habe auf dem schönen Flugplatz Hamm Lippewiesen EDLH fliegen gelernt, der eine Elevation von 190ft hat und alles flach ist in der Umgebung. Da war die Dichtehöhe auch im Hochsommer selten ein Thema. Wer jedoch in die Schweiz oder nach Österreich fliegen möchte, sollte sich noch einmal mit der Berechnung der Density Altitude auseinandersetzen.
Die Dichtehöhe steigt mit warmen Temperaturen (wärmer als die Standardtemperatur) und einem QNH, das niedriger ist als 1013.25hPa. Also muss man an einem heissen Sommertag bei flacher Druckverteilung mit einem signifikanten Unterschied zwischen Flughöhe und Dichtehöhe rechnen und somit auch eine längere Startstrecke und schlechtere Steigleistungen einplanen.
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Stellen wir uns vor, am Flugplatz Samedan bei St.Moritz (Elevation 5600ft) haben wir ein QNH von 1000hPa und eine Temperatur von 25°C.
Zuerst ermittelt man die Druckhöhe (QNE) des Flugplatzes, also seine Höhe über 1013.25hPa. Wenn man im Cockpit sitz, muss man nur beim Höhenmesser 1013.25hPa einstellen, dann wird das QNE angezeigt. Ist man bei der Flugvorbereitung, rechnet man zur Flugplatzhöhe pro hPa Differenz 30ft dazu, sofern das QNH kleiner ist als 1013.25hPa. Das ergibt für Samedan 5600ft plus 13X30ft, das heisst, das QNE war an dem Tag 5990ft.
Ausgehend vom QNE oder der Druckhöhe eines Flugplatzes berechnet man den Temperaturunterschied zwischen der aktuellen und der Standardtemperatur. Auf 6000ft herrschen nach Standardatmosphäre 3°C (15°C auf 0ft und 2°/1000ft Temperaturabnahme), also ist es in Samedan mit den gemeldeten 25°C 22°C «zu warm». Pro Grad positiver Temperaturabweichung steigt die Dichtehöhe um 120ft. Also müssen wir zur Druckhöhe (5990ft) noch 22X120ft addieren und die Density Altitude von Samedan war an diesem Tag 8630ft! Die Luftfeuchtigkeit wird bei diesen Berechnungen nicht miteinbezogen (die Standardatmosphäre ist trocken), aber hohe Feuchtigkeit in der Luft (hoher Taupunkt) lässt die Dichtehöhe noch weiter steigen.
Dass es diese Problematik nicht nur auf dem höchstgelegenen Flugplatz Europas gibt, zeigt der Schlussbericht der Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) über den Flugunfall einer Piper Chrokee in Lommis/TG (1539ft) vom August 2009, die nicht aus dem Bodeneffekt herauskam. Die Temperatur an diesem Tag betrug 30°C, das QNH von Zürich 1011hPa.
Deshalb gibt es in den Schweizer und Österreichischen TAFs auch immer die Vorhersage der Höchst- und Minimumtemperatur. Ein Beispiel von Zürich und Samedan vom 31.3.2021:
TAF LSZH 311125Z 3112/0118 23004KT CAVOK TX24/3115Z TN05/0105Z TX24/0115Z=
TAF LSZS 311125Z 3112/3121 VRB02KT CAVOK TX14/3115Z PROB30 TEMPO 3112/3116 9999 FEW060=
In Zürich LSZH wird die Maximumtemperatur am 31.3. um 15 Uhr UTC und am 1.4. um 15 Uhr UTC mit 24°C vorhergesagt. In Samedan LSZS am 31.3. um 15UTC mit 14°C.
TX24 ist die Maximumtemperatur 24°C, 3115Z ist das Datum der 31. und die Zeit 15 Uhr in UTC
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Zu den Wetter-FeaturesLokale Windsysteme wie Land- und Seewind oder Berg- und Talwind sind der Klassiker in jeder PPL-Ausbildung in Meteorologie. Sie erscheinen logisch und einfach: Am Tag erwärmt die Sonne die Berge stärker, die Luft steigt auf und der Talwind entsteht, denn Wind wird immer nach der Richtung bezeichnet, aus der er kommt. Bei Nacht dreht es sich um und Bergwind herrscht.
In den Alpen sieht die Realität allerdings nicht ganz so einfach aus, denn manchmal treffen 2 Talwindsysteme an einem Pass aufeinander und dann gewinnt der Stärkere. Die Aufheizung eines Tales hängt von seiner Ausrichtung ab und von seiner Form. Darum erwärmt sich ein schmales, enges Tal schneller, denn es hat weniger Volumen, das aufgeheizt werden muss.
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In der Schweiz gibt es mehrere Orte, an denen anstelle eines Talwindes an einem Strahlungstag im Sommer mit einem Bergwind gerechnet werden muss.
Der Talwind des engen Bergells ist so stark, dass er über den Malojapass hinweg und im Engadin als Bergwind weht und Malojawind heisst. Was die Kite-Surfer auf dem Silvaplana-See freut, kann ein Problem für startende Flugzeuge am Flugplatz Samedan/St. Moritz darstellen, wenn die Flugzeuge bei hoher Dichtehöhe und geringer Steigleistung in den Abwind geraten.
Die folgende Karte zeigt, dass dieses Phänomen noch häufig vorkommt in der Schweiz.
Darum sollte man vor einer Passüberquerung am besten ein Höhenpolster haben, sich Schlüsselpunkte setzen, bei denen eine Umkehrkurve noch möglich ist und die Steigleistungen des Flugzeuges (gerade bei warmen Temperaturen) nicht überschätzen. Ist eine Landung an einem unbekannten Flugplatz in den Alpen geplant, muss man mit lokal sehr unterschiedlichen Winden rechnen, METAR und TAF von entfernt gelegenen Flugplätzen helfen da wenig.
Ein guter Rat ist, sich im Vorfeld einfach beim Flugleiter zu erkundigen, ob es an dem Flugplatz etwas Spezielles zu beachten gibt, die kennen sich bestens aus und freuen sich über die Kontaktaufnahme.
Claudia Zwahlen hat Meteorologie mit Schwerpunkt Flugmeteorologie studiert und danach an der Flugwetterwarte Düsseldorf (heue LBZ West) gearbeitet.
Vor 25 Jahren zog es sie in die Schweiz, wo sie seitdem für Lufthansa Aviation Training Switzerland Meteorologie für den Pilotennachwuchs der Swiss unterrichtet.
Weitere Tätigkeitsfelder sind Human Performance-Unterricht und Human Factor Training, CRM und MCC Training. Seit 12 Jahren bietet sie Flugwetter-Seminare für Piloten und Vereine an.
Kontakt und Info über geplante Seminare: claudia.zwahlen@flugwetter-seminare.ch