H2Fly-Chef Josef Kallo und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/dpa | Marijan Murat)

Start-up arbeitet an Wasserstoff-Flugzeugen

Fliegen mit Wasserstoff-Antrieb: Neues Forschungszentrum am Flughafen Stuttgart

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Mit Wasserstoff soll Fliegen klimafreundlicher werden. Dafür wird am Flughafen Stuttgart investiert. Geplant ist ein sogenanntes "Hydrogen Aviation Center".

Am Stuttgarter Flughafen soll ein Entwicklungszentrum für Wasserstoff-Flugzeuge entstehen. Wie der Flughafen und das Unternehmen H2Fly am Montag mitteilten, ist bis Ende 2024 ein neuer Hangar mit Werkstätten, Labors und Testständen geplant. Das Land Baden-Württemberg unterstützt dieses "Hydrogen Aviation Center" mit mehr als fünf Millionen Euro.

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"Wasserstoff in der Luftfahrt ist jetzt nicht einfach eine Spielwiese für neugierige Forscher, es ist ein knallharter Wettbewerb", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Montag. Letztlich gehe es um die Frage, wer das erste Wasserstoff-Flugzeug hat. Baden-Württemberg sei da gut im Rennen.

Als Ziel wurde die Entwicklung von Komponenten für wasserstoff-elektrische Antriebe im Megawatt-Bereich genannt. Außerdem sollen diese vor Ort getestet werden können. Auch ein Konzept für die Versorgung des Flughafens mit Wasserstoff ist geplant.

"Das Zentrum ist ein wichtiger Beitrag für die Zukunft einer emissionsfreien Luftfahrt."

Erster Testflug von Stuttgart aus 2016

Bereits 2016 hatten die Stuttgarter ihren viersitzigen Testflieger HY4 in die Luft gebracht - das damals nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) größte rein mit Wasserstoff angetriebene Flugzeug. In zwei Jahren soll es zehnmal so groß werden: Eine 40-sitzige Dornier mit 2.000 Kilometern Reichweite soll laut H2Fly-Chef Josef Kallo dann erstmals rein mit Wasserstoff betrieben fliegen - und damit den Grundstein für die kommerzielle Anwendung bilden. Die dafür benötigten Brennstoffzellensysteme würden derzeit zu einem Gesamtsystem zusammengefügt.

Noch in diesem Jahr soll das mit einem Flüssigwasserstofftank am Boden gekoppelt werden. "2024 wird das Ganze dann ins Flugzeug eingebaut und auch am Boden getestet", so Kallo.

Zweite Säule des neuen Zentrums sind synthetische Treibstoffe

Der Flughafen Stuttgart setzt nicht nur auf Wasserstoff. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) sagte dem SWR, die zweite Säule für die Forschung der neuen Einrichtung am Stuttgarter Flughafen sei deswegen synthetisches Kerosin. Hermann ist auch Aufsichtsratsvorsitzender am Flughafen Stuttgart.

Viele Firmen arbeiten derzeit an Wasserstoff-Flugzeugen

Doch nicht nur in Stuttgart wird derzeit die Entwicklung von Wasserstoffantrieben für die Luftfahrt vorangetrieben. Das Branchenschwergewicht Airbus plant zum Beispiel ein marktreifes Passagierflugzeug mit Wasserstoffantrieb bis 2035. Der Triebwerksbauer MTU Aero peilt Brennstoffzellen-Antriebe für Flugzeuge an, die 50 bis 100 Passagiere über 1.800 Kilometer transportieren können. Das englisch-amerikanische Unternehmen ZeroAvia startete 2020 einen Jungfernflug mit einem 6-Sitzer und brachte im Januar dieses Jahres sogar schon einen 19-Sitzer in die Luft - allerdings wurde nur eines der beiden Triebwerke durch einen Brennstoffzellenmotor ersetzt, das andere wurde mit Kerosin betrieben.

Verschiedene Start-ups und etablierte Hersteller strebten in den kommenden fünf Jahren kommerzielle Geschäftsreiseflugzeuge mit bis zu 19 Sitzen an, erklärt Björn Nagel, Leiter des DLR-Instituts für Systemarchitekturen in der Luftfahrt: "Regionalflugzeuge mit bis zu 70 Sitzen könnten innerhalb der nächsten zehn Jahre möglich werden."

Über das neue Zentrum am Stuttgarter Flughafen sprach Jennifer Beyen im Radioprogramm SWR Aktuell am 30.1.2023 mit BW-Verkehrsminister Winfried Hermann:

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Experte: Vorerst nur wenige Wasserstoff-Flugzeuge auf wenigen Strecken

Zu Beginn werde es nur wenige Wasserstoff-Flugzeuge geben, den Betrieb könne man auf wenige Strecken konzentrieren. So bräuchte man zunächst nur an wenigen Flughäfen Infrastruktur zum Betanken - und könne sie dann weiter ausbauen, so Nagel. Um diese Transformation hinzubekommen, bräuchte es in Deutschland und Europa aber Partnerschaften mit Ländern, in denen Wasserstoff im großen Stil und günstig hergestellt werden kann, sagte H2Fly-Chef Kallo bereits 2021. Zum anderen "brauchen wir die Infrastruktur, um Wasserstoff zu speichern und zu verteilen."

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SWR