VFR in IMC
FIS hilft, wenn’s brenzlig wird!

Immer wieder kommt es bei VFR-Flügen wegen Einflugs in Instrumentenflugbedingungen zu tödlichen Unfällen. Wie kann man dieser Gefahr entgegenwirken? Die Deutsche Flugsicherung (DFS) hat dazu die wichtigsten Verhaltensregeln für Piloten zusammengefasst.

FIS hilft, wenn’s brenzlig wird!
Foto: Katrin Sdun

Das Problem mit der Wetterfalle betrifft nicht allein Piloten. Auch die Lotsen des FIS werden regelmäßig mit VFR-Flügen bei marginaler Sicht konfrontiert. Kommt der Pilot – unter Umständen durch eigenes Verschulden, zum Beispiel bei mangelhafter Flugvorbereitung – in eine gefährliche Situation, dann ist ein Hilferuf beim Flight Information Service (FIS) für ihn ein regelrechter Offenbarungseid. Der eigene Fehler ist womöglich sogar dokumentiert. Die Folge: Oft kommt der Hilferuf aus dem Cockpit in prekärer Lage überhaupt nicht oder erst, wenn es schon zu spät ist.

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Auch bei den Lotsen ist das Thema nicht unbelastet: Jeder tödliche Unfall wirft die vermeintlich naheliegende Frage auf, ob der Lotse durch bessere Unterstützung vielleicht doch einen schlimmen Ausgang hätte verhindern können. Die Deutsche Flugsicherung hat daher eine Anleitung für VFR-Piloten zusammengestellt, die der Gefahr durch Aufklärung entgegenwirken soll.

In jedem Jahr kommt es in Deutschland zu mehrere Flugunfällen aufgrund von VFR-Flügen bei schlechten Sichtflugbedingungen, heißt es in dem Papier. Über die Beweggründe für das Verhalten der Piloten lasse sich nur spekulieren, so die DFS. Ohne IFR-Ausbildung und IFR-Ausrüstung bedeute jeder Einflug in Wolken oder in Instrumentenflug-Wetterbedingungen ein riskantes Unterfangen, das oft tödlich endet.

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DFS / Fotoarchiv
FIS-Lotsen sind auf eine gute Kommunikation mit den Piloten angewiesen.

Pilotenfehler und Funkstille

Häufig wird bei der Untersuchung von VFR-Flugunfällen festgestellt, dass die Piloten mit FIS in Funkkontakt standen, ihre kritische Situation aber für sich behielten und nicht um Hilfe baten.

Bei der Untersuchung mehrerer VFR-Unfälle bei marginaler Sicht lässt sich laut DFS regelmäßig dasselbe Schema erkennen: Die Flughöhe der Luftfahrzeuge verringert sich kontinuierlich mit der Wolkenuntergrenze bis zu dem Punkt, an dem die Wolken auf ansteigendes Terrain treffen und auf dem Gelände aufliegen – eine tödliche Falle. Ein Unfall sei in solchen Fällen vorhersehbar, so die Analyse der DFS.

Bei den FIS-Lotsen kennt man das Problem: Erstaunlicherweise kommt der Funkkontakt mit FIS zustande, so lange der Flug unter voller Kontrolle des Piloten stattfindet. Sobald dieser aber in schlechtes Wetter einfliegt, herrscht Funkstille. Das ist zum einen nachvollziehbar, da der Pilot aufgrund der Umstände unter erhöhtem Stress steht und sich verstärkt auf die Flugdurchführung konzentrieren muss. Andererseits verzichtet er aber auf die Unterstützung von FIS. Dadurch verringert er die Chance, aus dem schlechten Wetter wieder herauszukommen. Die Hoffnung, dass die Sichtverhältnisse auf der geplanten Route wieder besser werden, ist in einer derart prekären Situation in der Regel trügerisch.

Die Lotsen haben für solche Fälle eigentlich ein gutes Instrumentarium, um die in Not geratenen Piloten zu unterstützen. FIS-Mitarbeiter können zum Beispiel gezielt Informationen nach dem lokalen Wetter bei nahe gelegenen Flugplätzen einholen oder andere Piloten im näheren Umkreis um Wetterreports bitten. Darüber hinaus können sie mittels Kursempfehlungen das betroffene Flugzeug zum nächstgelegenen Flugplatz mit besseren Bedingungen oder zu einem Verkehrsflughafen führen, an dem Landehilfen wie beispielsweise Funknavigationsanlagen oder Hochleistungsbefeuerung für Anflug und Landebahn zur Verfügung stehen.

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In der Wetterfalle: Die Flughöhe verringert sich oft mit der Wolkenuntergrenze.

Eine weitere Alternative, die FIS anbieten kann, ist die Landung auf einem militärischen Flugplatz, an dem ein Ground Controlled Approach (GCA) zur Verfügung steht. GCA gibt es nur an militärischen Flugplätzen. Der Anfluglotse kann aufgrund eines speziellen Radargerätes mit Vertikal- und Horizontalanzeige die Luftfahrzeuge "runtersprechen". In der Regel sind militärische Flugplätze allerdings nur wochentags besetzt. Bei all diesen Optionen ist jedoch die offene Kommunikation des Piloten unbedingte Voraussetzung.

Vor den berüchtigten "selbst gebastelten" GPS-Anflügen warnt die DFS eindringlich. Zwar sei die moderne GPS-Navigation eine große Hilfe für VFR-Piloten, zugleich sei es aber auch gefährlich, sich zu sehr darauf zu verlassen. Ein GPS kann unzureichende Sichtverhältnisse nicht ausgleichen, unterstreichen die Experten der Flugsicherung.

Ein hohes Unfallrisiko liege auch darin, dass Piloten es insbesondere an ihrem Heimatplatz gewohnt sind, bei gutem Wetter einen GPS-Anflug mit den entsprechenden Wegpunkten und den dazugehörenden Höhen zu erfliegen und dieses Verfahren dann auch bei marginalen Sichtverhältnissen anzuwenden. Das ist jedoch verboten, stellt die DFS klar. In mehreren Fällen von GPS-Anflügen unter IFR-Bedingungen kam es bereits zu tödlichen Unfällen.

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Rechtzeitig um Hilfe bitten: Wird die Wolkendecke dichter, sollte der Pilot aktiv kommunizieren.

Tipps von ATC

  • Bereiten Sie sich rechtzeitig auf die Möglichkeit einer Landung auf einem Ausweichflugplatz vor, und entscheiden Sie so frühzeitig, damit Sie diesen noch bei gut fliegbarem Wetter erreichen.
  • Schauen Sie sich die weitere Wetterentwicklung in Ruhe vom Boden aus an, und treffen Sie aus der Sicherheit heraus eine neue Einschätzung der Lage.
  • Nutzen Sie den Fluginformationsdienst (FIS), und zögern Sie nicht, um konkrete Hilfe zu bitten.
  • Trotz Funkkontakt mit FIS bleiben Sie für die sichere Flugdurchführung verantwortlich.
  • Informieren Sie FIS frühzeitig über schlechter werdendes Flugwetter. Nur dann kann aus sicheren Verhältnissen heraus agiert werden, um im Vorfeld Lösungen zu finden (zum Beispiel Umkehr, Ausweichlandung, Sicherheitslandung, Umfliegen des Schlechtwettergebietes).
  • Bei Landungen außerhalb eines Flugplatzes im Rahmen einer Sicherheitslandung droht kein Bußgeld.
  • Bei einer Außenlandung besonders zu beachten: Hindernisse oder Bodenunebenheiten, die aus der Luft nur schwer erkennbar sind, sowie weicher Untergrund, der die Gefahr eines Überschlags erhöht.

Gute Kommunikation besonders in Notlagen

Besonders in Notlagen ist eine schnelle und gute Kommunikation mit FIS wichtig. Wer bei einem VFR-Flug wetterbedingt oder aus anderen Gründen in Schwierigkeiten gerät und dies dem FIS-Lotsen mitteilt, wird mit größtmöglicher Aufmerksamkeit behandelt und unterstützt. Die DFS betont, dass sich erfahrene Mitarbeiter, oft selbst mit Pilotenlizenz, um Piloten in Notlagen intensiv kümmern. Um in solchen Situationen gezielt agieren zu können, liegen an jedem FIS-Arbeitsplatz Notfallchecklisten für wetterbedingte und für andere Luftnotlagen. Und sie werden regelmäßig aktualisiert.

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Erscheinungsdatum 21.03.2024