Juristin zu Gesetzesvorstoß
Die Luftfahrt muss wachsam sein

Das Bestreben zur Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien hat in den letzten Jahren zu einigen Gesetzesänderungen geführt, die insbesondere den Ausbau der Windenergie forcieren sollen. Anlässlich des jüngsten Vorstoßes aus Bayern gibt Juristin und Pilotin Monika Thürmer von der Kanzlei Air-Law einen Einblick in die wichtigsten Regelungen und mahnt, lokale Bekanntmachungen für Genehmigungsverfahren genau im Auge zu behalten.

Die Luftfahrt muss wachsam sein
Foto: Messwerk

Die Bayrische Bundesratisinitiative zur Änderung der Praragraphen 14, 30 und 31 LuftVG hat jüngst für Unruhe in der Luftfahrt gesorgt. Der aerokurier berichtete dazu ausführlich.

Das zum 1. Februar 2023 in Kraft getretene Windenergieflächenbedarfsgesetz räumt jetzt nicht nur im Erneuerbare Energien Gesetz, kurz EEG, sondern auch im Immissionsschutzrecht und in baurechtlichen Vorschriften den mit überragenden öffentlichen Interessen bewerteten Anlagen in planerischer und genehmigungstechnischer Hinsicht einen Vorrang ein. Die Errichtung dieser Anlagen liegt jetzt sogar im Interesse der öffentlichen Sicherheit, und gleichzeitig wurde das bauplanungsrechtliche Rücksichtnahmegebot (§ 35 BauGB) – das auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu beachten war – für diese Anlagen gestrichen (§ 249 Abs. 1 BauGB). Damit konnte bislang gegenüber Windenergieanlagen (WEA), die an Flugplätze heranrücken sollten, häufig erfolgreich ein Bestandsschutz für die luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Flugplatzes geltend gemacht werden.

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Jetzt bleibt nur noch die notwendige Zustimmung durch die Luftfahrtbehörde für solche Anlagen nach § 14 LuftVG, die verweigert werden kann, wenn durch heranrückende WEA Gefahren für den Flugverkehr (§ 29 LuftVG) entstehen. Bislang kam es dabei vor allem auf die Frage an, welche Abstände zur Wahrung der Sicherheit des Luftverkehrs erforderlich sind, die ihrerseits aus § 21a LuftVO und der dazu erlassenen NfL I 92/13 entnommen werden konnten.

Konkrete Beurteilung des Falls notwendig

Auch nach der insoweit maßgeblichen NfL I 92/13 ist jetzt aber eine konkrete Beurteilung des einzelnen Falles durch die Luftfahrtbehörde erforderlich. § 21a LuftVO wurde mit der Anpassung an die unionsrechtlichen Regelungen (DVO EU Nr. 923/2012, SERA) geändert und nur in Teilen in § 22 LuftVO beibehalten. Die noch in der NfL I 92/13 (Nr. 6.) aufgeführten Mindestabstände von 400 Metern zum Gegenanflug und 850 Metern zu anderen Teilen der Platzrunde sind in der LuftVO nicht mehr enthalten.

Die NfL I 92/13 wird zwar als "antizipiertes Sachverständigengutachten" angesehen, die Luftfahrtbehörde muss aber in jedem einzelnen Fall feststellen, ob von einer in der Nähe geplanten Windenergieanlage konkrete Gefahren für den Flugverkehr an einem Flugplatz im Sinne von § 29 LuftVG ausgehen. Die Verweigerung der Zustimmung kann in einem Gerichtsverfahren überprüft werden, und zwar in vollem Umfang. Hierbei wird gerne auf die SERA.5005 lit. f) 2. verwiesen, die eine Sicherheitsmindesthöhe von 150 Meter (500 ft) über dem höchsten Hindernis innerhalb eines Umkreises von 150 Meter um das Luftfahrzeug verlangt, und nur dieser Abstand auch für den Platzrundenverkehr angelegt wird.

Im günstigsten Fall fordern die Gerichte ganz konkrete objektive Angaben zu etwa drohenden Gefahren bis hin zu Einzelheiten der Sichtverhältnisse, einer überprüfbaren Beschreibung des Gefahrenszenarios einschließlich Flughöhe, Steigwinkel und der Sichteinschränkungen im relevanten Bereich des Flugplatzverkehrs. Immer öfter werden auch Gründe dafür abgefragt, ob die festgestellten Einschränkungen bzw. Gefahren nicht durch Optimierung des Flugbetriebs selbst oder durch Auflagen wie etwa den Betrieb eines effektiven Kollisionswarnsystems wirksam kompensiert werden können (siehe beispielsweise OVG Lüneburg, Az.: 12 LB 128/19 361 ff.).

Amtsblätter studieren

Sowohl bei einem Genehmigungsverfahren für einzelne oder mehrere Windkraftanlagen als auch bei einem Verfahren zur Ausweisung von Vorrangflächen für Windenergie in einem Regionalplan ist die potenziell betroffene Öffentlichkeit zu beteiligen. Dies geschieht durch die im betroffenen Gebiet liegenden Gemeinden. Allerdings bedarf es dazu lediglich einer öffentlichen Bekanntmachung – zunehmend im Internet, immer jedoch in den gemeindlichen Amtsblättern.

Es ist deshalb wichtig, sich kundig zu machen, wie die geltenden Festsetzungen im jeweiligen Regionalplan und im Flächennutzungsplan aussehen und im Auge zu behalten, ob ein Änderungsverfahren oder gar ein Genehmigungsverfahren eingeleitet wird. Für die Öffentlichkeitsbeteiligung bestehen nämlich Fristen, und Einwendungen, die nicht innerhalb dieser Fristen erhoben werden, sind später regelmäßig ausgeschlossen (siehe § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz).

Auch auf Initiativen des Gesetzgebers müssen Verantwortliche in der Luftfahrt achten. So soll mit einem Vorstoß aus Bayern zur Änderung der Paragraphen 14, 30 und 31 LuftVG erreicht werden, dass die bislang gemäß § 14 LuftVG nötige Zustimmung der Luftfahrtbehörde durch eine gutachtliche Stellungnahme ersetzt wird, die von der Genehmigungsbehörde einzuholen und dort nur noch in die Abwägung einzustellen ist. Der Genehmigungsbehörde wäre es dadurch möglich, die Belange der Sicherheit des Luftverkehrs gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Errichtung der Windräder geringer zu bewerten. Auch hier sollen wieder Fristen für die gutachtliche Stellungnahe vorgesehen werden, um die Genehmigungsverfahren zu beschleunigen.

Zwar wird dieser Vorstoß nicht sogleich in ein Gesetzgebungsvorhaben münden, da Gesetzesvorlagen nur im Bundestag und dort nur von der Bundesregierung, dem Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages (durch eine Mindestzahl an Abgeordneten) eingebracht werden können. Es muss also zunächst der Bundesrat dazu bewegt werden, sich diesen Antrag zu eigen zu machen und als Gesetzesvorlage in den Bundestag einzubringen, was eine Einigung unter den Bundesländern voraussetzt.

Damit bleibt für die Verbände noch Zeit, aktiv zu werden. Das ist schon deshalb ratsam, weil die bayerische Idee dadurch über schon bestehende Einschränkungen noch hinausreicht, dass die Luftfahrtbehörden verpflichtet werden sollen zu prüfen, wie die Abwicklung des Luftverkehrs zumutbar an die Windkraftanlagen angepasst werden kann. In Bayern selbst sind im Vorfeld von Genehmigungsverfahren schon erste Konsequenzen dahingehend spürbar geworden, dass solche Vorschläge zur Anpassung des Flugbetriebs seitens des Vorhabenträgers an betroffene Flugplatzbetreiber herangetragen werden.

Weitere Informationen zu Luftrechtsthemen finden sich auf der Website www.air-law.de.

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Erscheinungsdatum 25.04.2024